„Weit mehr als ein Sportereignis“
Das inklusive Sportabzeichen hat am Samstag Premiere in Korbach – Damm: Setzen UN-Konvention mit um
Von Gerhard Menkel
Korbach. Jürgen Damm wägt jedes Wort. Er spricht mit Bedacht. Manchmal geht ihm das Herz über. Bei seinem aktuell wichtigsten Projekt passiert das öfter. Es erreicht am kommenden Samstag das erste und vielleicht bedeutsamste Etappenziel. Auf dem Paul-Zimmermann-Sportplatz in Korbach gehen zum ersten Mal im Sportkreis Waldeck-Frankenberg behinderte und nichtbehinderte Sportler gemeinsam den Erwerb des Sportabzeichens an. „Das“, sagt Jürgen Damm, „ist mehr als ein Sportereignis.“Der Oberst a. D. ist als Vorsitzender der Aktion für Menschen mit Behinderung (AfmB) in Waldeck-Frankenberg und Präsident des gleichnamigen eingetragenen Vereins für Hessen die große Mobilisator bei der Premiere des inklusiven Sportabzeichens, für die zahlreiche Partner zusammenarbeiten (sieh Hintergrund). „Bewegung, Spiel und Sport sind besonders geeignet das gegenseitige Kennenlernen und Zusammenwirken von Menschen mit und ohne Behinderungen zu fördern“ schreibt er in einer Mail, in der die Mitglieder der Sportvereine im Kreis zur Teilnahme aufgerufen sind.
Doch es geht Damm um mehr. Gemeinsam Werfen. Laufen, Springen, Leistung bringen, eine Urkunde bekommen – alles prima und wichtig. Doch der 79 Jahre alte Bad Arolser bettet das Projekt in einen größeren Zusammenhang ein. „Wir als Veranstalter sehen das als einen Beitrag zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen und als Beitrag zur Teilhabeplanung im Landkreis“, sagt er.
Waldeck-Frankenberg war drei Jahre lang Modellregion für die Umsetzung der UN-Konvention im Bereich Gastronomie und Tourismus. Mit dem inklusiven Sportabzeichen reiht sich der heimische Sport nun bei dem nicht leichten Unterfangen ein, wirkliche Teilhabe herzustellen. „Es ist etwas ganz Besonderes. Vor allem die Prüfer erleben sehr viel Menschlichkeit und Nähe“, sagt Kerstin Mühlhausen. Sie ist im Sportkreis unter anderem für das Sportabzeichen zuständig.
„Eine gute Grundlage“
Wie viele behinderte und nichtbehinderte Sportler am Samstag auf den „Pauli“ kommen, können die Beteiligten und Partner nicht genau sagen. Damm erwartet etwa einhundert Teilnehmer, diese Zahl stützt sich auf die inklusiven Trainingsgruppen, die etwa beim TV Volkmarsen oder TSV Frankenberg bestehen, und die Kooperation von Förder- und Regelschule in Korbach (Enser Tor/Westwall) sowie .das Engagement der Schulgemeinschaft Rosenthal oder des Lebenshilfewerks.„Ich hätte mir mehr Resonanz gewünscht, weil es eine so besondere Geschichte ist“, sagt Damm. Skepsis schlug ihm aus einigen Einrichtungen der Behindertenarbeit entgegen. „Da wird die Auffassung vertreten, beim gemeinsamen Training und Sporttreiben werden ihre Leute abgehängt. Ein Wermutstropfen“, sagt er. Auch bei den Förderschule sei die Bereitschaft zum Mitmachen sehr unterschiedlich ausgeprägt gewesen.
Zurückstecken mussten die Beteiligten beim integrativen Aspekt. „Wir wollten auch Flüchtlingen die Möglichkeit geben teilzunehmen. Es wäre eine Gelegenheit, mit den jungen Flüchtlingen in einer ganz anderen Atmosphäre zusammen zu kommen. Das ist leider nicht gelungen“, sagt Damm. Dabei gebe es in nahezu jeder Kommune zuständige Sportcoaches.
Womöglich sind das unvermeidliche Anlaufschwierigkeiten. Der Sportkreis möchte das Sportabzeichen-Projekt ja langfristig anlegen. „Wir haben jetzt eine gute Grundlage, um weiter zu machen“, betont Damm. Dazu verweist er auch die Zahl der Prüfer, die das Sportabzeichen für behinderte Menschen abnehmen dürfen. Anfang des Jahres hatten drei Frauen und Männer die Berechtigung. Heute sind es mehr als 20.
Tag des inklusiven Sportabzeichens
Das Projekt inklusives Sportabzeichen in Waldeck-Frankenberg ging Ende Januar an den Start. Die Idee hatte Jürgen Damm beim Plaudern mit Werner Koch, Staatssekretär im Hessischen Innenministerium, während eines Hessentags entwickelt. Das Innenministerium ist, auch als Mitfinanzier, ebenso im Boot wie das Sozialministerium, der Land- und der Sportkreis, Träger von Behindertenarbeit, Vereine, Förder- und Regelschulen. Die Prüfungen (außer Schwimmen) werden am Samstag auf dem „Pauli“ in Korbach von 10 bis 17 Uhr abgenommen. Teilnehmen können alle, „die Lust verspüren, aktiv an dem Sportabzeichentag teilzunehmen und sich in einigen Disziplinen zu versuchen“, schreibt Damm. Eine vorherige Anmeldung ist nicht erforderlich.
Überhaupt kein Problem ist es, wenn Teilnehmer nicht alle Bedingungen des Sportabzeichens erfüllen können. Sie erhalten in jedem Fall eine Urkunde. Allzu lange Wartezeiten soll es nicht geben. „Zwischenehrungen sind denkbar.“, sagt Damm, „da sind wir völlig flexibel.“ (mn)
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